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Zu Löschpflichten auf Portalen – Fall Renate Künast gegen Facebook

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Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Januar 2024 (Az. 16 U 65/22) bringt wichtige Neuerungen in Bezug auf die Löschpflichten von Plattformbetreibern wie Meta (Facebook) mit sich. Renate Künast, Politikerin der Grünen, hatte gegen ein fälschlich ihr zugeschriebenes Zitat geklagt, das in einem Meme verbreitet wurde. Das Zitat lautete: „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!“ – eine Aussage, die Künast jedoch nie gekauft hatte. Das Gericht befürwortet von Künast und stellt umfassende Verpflichtungen für Plattformbetreiber auf, wenn es um die Löschung von rechtswidrigen Inhalten geht.

Das Urteil: Meta muss kerngleiche Inhalte entfernen

Das OLG Frankfurt am Main entschied, dass Meta nicht nur das spezifisch rechtswidrige Meme entfernen muss, sondern auch sinngleiche oder kerngleiche Inhalte, die denselben rechtswidrigen Kern transportieren. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Inhalte automatisiert oder manuell erkannt werden. Entscheidend ist, dass Meta von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat und ab diesem Zeitpunkt aktiv alle vergleichbaren Inhalte gelöscht werden müssen.

Das Gericht stellte klar, dass die Rechte der Klägerin, insbesondere ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, durch die falsche Behauptung verletzt wurden. Diese Rechte sind gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) besonders geschützt. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin war daher begründet.

Leitsätze des Urteils: Ein Überblick

Das Urteil setzt wesentliche Leitsätze zur Löschpflicht und Störerhaftung im digitalen Raum:

  1. Löschpflicht bei Kenntnis : Plattformbetreiber wie Meta sind nicht nur zur Löschung konkret gemeldeter Inhalte verpflichtet, sondern auch zur Entfernung sinngleicher oder kerngleicher Inhalte. Diese Pflicht entsteht, sobald der Betreiber von der Rechtsverletzung erfährt, und besteht unabhängig davon, ob die Identifizierung dieser Inhalte durch automatisierte Systeme oder eine manuelle Überprüfung erfolgt.
  2. Rechtswidriger Eingriff in Persönlichkeitsrechte : Das falsche Zitat stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar. Dieser Eingriff verletzt sowohl die Menschenwürde als auch das Recht auf Selbstbestimmung der betroffenen Person und ist durch das Grundgesetz sowie die EMRK geschützt.
  3. Prüf- und Verhaltenspflicht : Die Plattformbetreiber sind nicht nur verpflichtet, einmal gemeldete Inhalte zu entfernen, sondern müssen auch ähnliche Inhalte eigenständig identifizieren und löschen, ohne dass der Betroffene erneut eine Meldung einreichen muss.
  4. Keine allgemeine Überwachungspflicht : Plattformbetreiber sind nach der E-Commerce-Richtlinie nicht verpflichtet, die Inhalte ihrer Plattformen aktiv zu überwachen oder Nachforschungen anzustellen. Sobald jedoch eine konkrete Rechtsverletzung bekannt wird, besteht die Verpflichtung zur Beseitigung der rechtswidrigen Inhalte.

Aktuelle rechtliche Vorgaben und Entwicklungen im Hinblick auf Löschpflichten

Das Urteil des OLG Frankfurt steht im Einklang mit der europäischen und nationalen Rechtsprechung, die zunehmend den Fokus auf die Verantwortung von Plattformbetreibern im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten legt. Insbesondere durch den Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union wurden neue Vorgaben eingeführt, die die Pflichten von Online-Plattformen im Umgang mit illegalen Inhalten präzisieren.

  • Digital Services Act (DSA) : Seit Inkrafttreten des DSA im Jahr 2023 haben Plattformbetreiber eine noch stärkere Verpflichtung, rechtswidrige Inhalte nach Kenntnisnahme zu umgehen. Sie müssen Transparenz über ihre Maßnahmen gegen illegale Inhalte vorlegen und proaktiv systematisch gegen Rechtsverletzungen vorgehen.
  • Störerhaftung und Prüfpflichten : Das Urteil knüpft an die bestehende Rechtsprechung zur Störerhaftung an, wie sie in der Vergangenheit vom Bundesgerichtshof (BGH) in Fällen wie „Haftung für Links“ und „Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch Dritte“ entwickelt wurde. Plattformbetreiber können als „Störer“ in Anspruch genommen werden, wenn sie in Kenntnis der Rechtsverletzung nicht tätig werden. Das OLG Frankfurt baut auf dieser Rechtsprechung auf, indem es betont, dass die Pflicht zur Entfernung auch für kerngleiche Inhalte besteht.

Begründung des Urteils: Verpflichtung zur Löschung sinngleicher Inhalte

Das OLG Frankfurt begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Persönlichkeitsrechte der Klägerin durch das falsche Zitat verletzt wurden. Das Meme war geeignet, das öffentliche Ansehen der Klägerin zu schädigen, und verstieß damit gegen ihr durch Art. 2 Abs. 1 ich. V. m. Kunst. 1 Abs. 1 GG sowie Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Persönlichkeitsrecht.

Darüber hinaus betont das Gericht die Prüfpflicht der Plattformbetreiber. Wenn eine konkrete Rechtsverletzung vorliegt, besteht die Pflicht, nicht nur diesen spezifischen Inhalt zu entfernen, sondern auch vergleichbare Inhalte zu überprüfen und zu löschen. Das Gericht stützt sich dabei auf die Störerhaftung nach § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 823 BGB .

Die Pflicht zur Überprüfung kerngleicher Inhalte kann dabei nicht durch den Einsatz von Algorithmen vollständig delegiert werden. Das Gericht wies darauf hin, dass eine Kombination aus automatisierter und manueller Überprüfung notwendig sei, um sicherzustellen, dass ähnliche rechtswidrige Inhalte ebenfalls gelöscht werden.

Keine allgemeine Überwachungspflicht, sondern konkrete Handlungspflicht bei Kenntnis

Ein wesentlicher Punkt in der Argumentation des OLG Frankfurt war die Abgrenzung zwischen der Löschpflicht nach konkreter Kenntnis und einer allgemeinen Überwachungspflicht. Während die E-Commerce-Richtlinie keine allgemeine Überwachungspflicht für Plattformbetreiber vorsieht, verpflichtet sie diese, bei Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten zu handeln. Im Herbst wurde Künast bemängelt, dass Meta erst nach wiederholten Hinweisen tätig wurde, was das Gericht als unzureichend erachtete.

Aktuelle Rechtsprechung und Bedeutung des Urteils

Das Urteil des OLG Frankfurt steht in einer Reihe mit anderen Entscheidungen, die den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder YouTube betreffen. Die Entscheidung zeigt, dass Gerichte zunehmend fordern, dass Plattformbetreiber bei der Entfernung rechtswidriger Inhalte proaktiver vorgehen müssen. Das OLG Frankfurt hat zudem klargestellt, dass die Verantwortung für die Löschung von Inhalten nicht durch den bloßen Einsatz von Algorithmen delegiert werden kann, sondern dass Plattformen auch menschliche Überprüfungen einsetzen müssen, um ihrer Löschpflicht nachzukommen.

Fazit: Verschärfte Löschpflichten für Plattformbetreiber

Das Urteil des OLG Frankfurt am Main betont die gestiegene Verantwortung von Plattformbetreibern im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten. Durch die Verpflichtung zur Löschung sinngleicher Inhalte wird die Prüfpflicht für Plattformen erweitert. Das Urteil hebt hervor, dass Plattformen wie Facebook nicht nur auf konkrete Hinweise reagieren müssen, sondern auch ähnliche rechtswidrige Inhalte eigenständig identifizieren und entfernen müssen. Dies stellt eine wichtige Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung zur Störerhaftung und Löschpflicht dar und unterstreicht die Bedeutung des Schutzes von Persönlichkeitsrechten im digitalen Rau

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