Dienstag, Oktober 22, 2024

Beim Autokauf betrogen? Arglistige Täuschung – Rechte beim missglückten Autokauf. Rücktritt, Minderung und Schadensersatz

Der Kauf eines Autos ist oft mit hohen finanziellen Ausgaben verbunden. Umso ärgerlicher ist es, wenn sich nach dem Kauf herausstellt, dass das Fahrzeug Mängel aufweist oder der Käufer sogar arglistig getäuscht wurde. Viele Verbraucher wissen nicht, welche Rechte sie in einem solchen Fall haben. In diesem Beitrag geben wir einen detaillierten Überblick darüber, was unter arglistiger Täuschung beim Autokauf zu verstehen ist, und erläutern die Möglichkeiten des Rücktritts vom Kaufvertrag, der Minderung des Kaufpreises und des Schadensersatzes.

1. Was ist arglistige Täuschung beim Autokauf?

Die arglistige Täuschung ist in § 123 Abs. 1 BGB geregelt. Darunter versteht man eine bewusste Täuschung des Käufers durch den Verkäufer mit der Absicht, ihn zu einem Vertragsschluss zu bewegen, den er sonst nicht abgeschlossen hätte. Beim Autokauf liegt eine arglistige Täuschung vor, wenn der Verkäufer wesentliche Mängel oder Fakten verschweigt, falsch darstellt oder den Käufer bewusst in die Irre führt.

Typische Fälle der arglistigen Täuschung beim Autokauf:

  • Verschweigen von Unfallschäden: Der Verkäufer gibt an, das Fahrzeug sei unfallfrei, obwohl es bereits in einen Unfall verwickelt war.
  • Manipulierte Kilometerstände: Der Tachostand des Fahrzeugs wurde absichtlich zurückgedreht, um einen geringeren Verschleiß vorzutäuschen.
  • Verschweigen technischer Mängel: Wesentliche Mängel, wie etwa ein defekter Motor oder Getriebeprobleme, werden bewusst nicht offenbart.
  • Falsche Angaben zu Fahrzeugdetails: Der Verkäufer macht falsche Angaben zur Ausstattung oder zum Modell des Fahrzeugs, um den Verkaufspreis zu erhöhen.

Die arglistige Täuschung setzt voraus, dass der Verkäufer vorsätzlich handelt, also bewusst die Unwahrheit sagt oder relevante Informationen verschweigt.

2. Rechte des Käufers bei arglistiger Täuschung

Wurde der Käufer beim Autokauf arglistig getäuscht, stehen ihm verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung. Zu den wichtigsten zählen der Rücktritt vom Kaufvertrag, die Minderung des Kaufpreises und der Schadensersatz.

A. Rücktritt vom Kaufvertrag (§ 323 BGB)

Der Käufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt. Der Rücktritt setzt voraus, dass der Käufer durch die Täuschung zum Vertragsschluss bewegt wurde und das Fahrzeug einen erheblichen Mangel aufweist, den der Verkäufer verschwiegen hat.

Folgen des Rücktritts:

  • Der Käufer gibt das Fahrzeug zurück und erhält im Gegenzug den Kaufpreis erstattet.
  • Beide Vertragsparteien müssen die empfangenen Leistungen zurückgewähren. Das bedeutet, dass der Käufer das Auto zurückgibt und der Verkäufer den Kaufpreis zurückzahlt.
  • Für die Nutzung des Fahrzeugs muss der Käufer jedoch unter Umständen eine Nutzungsentschädigung zahlen. Diese berechnet sich nach der gefahrenen Kilometerleistung seit dem Erwerb des Fahrzeugs.

Beispiel: Ein Käufer erwirbt ein Fahrzeug, das ihm als „unfallfrei“ verkauft wurde. Später stellt sich heraus, dass das Auto einen erheblichen Unfallschaden hatte, der nicht repariert wurde. Der Käufer kann in diesem Fall vom Vertrag zurücktreten und den Kaufpreis zurückfordern.

Rechtsprechung: In einem Urteil des BGH vom 15. Juli 2020 (Az. VIII ZR 270/18) wurde bestätigt, dass der Käufer bei einem verschwiegenen Unfallschaden trotz hoher Laufleistung des Fahrzeugs vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn der Schaden erheblich ist und den Wert des Fahrzeugs wesentlich beeinträchtigt.

B. Minderung des Kaufpreises (§ 441 BGB)

Wenn der Käufer das Fahrzeug trotz des Mangels behalten möchte, kann er statt des Rücktritts eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Bei der Minderung wird der Kaufpreis entsprechend dem Wertverlust des Fahrzeugs durch den Mangel reduziert.

Folgen der Minderung:

  • Der Kaufvertrag bleibt bestehen, der Kaufpreis wird jedoch herabgesetzt.
  • Der Käufer erhält einen Teil des Kaufpreises zurück, der dem verminderten Wert des Fahrzeugs entspricht.

Beispiel: Ein Käufer stellt nach dem Kauf fest, dass der Tachostand des Fahrzeugs manipuliert wurde. Der tatsächliche Kilometerstand ist deutlich höher. Der Käufer entscheidet sich, das Fahrzeug zu behalten, verlangt jedoch eine Reduzierung des Kaufpreises, da der Wert des Fahrzeugs aufgrund des höheren Kilometerstandes gesunken ist.

Rechtsprechung: Das Landgericht Berlin entschied in einem Fall (Urteil vom 6. Juni 2016, Az. 7 O 136/15), dass eine erhebliche Tachomanipulation den Wert des Fahrzeugs so stark mindert, dass dem Käufer eine Minderung des Kaufpreises zusteht, da er das Auto behalten wollte.

C. Schadensersatz (§ 280 BGB)

Zusätzlich zum Rücktritt oder der Minderung kann der Käufer auch Schadensersatz verlangen, wenn ihm durch die arglistige Täuschung ein Schaden entstanden ist. Dies setzt voraus, dass der Verkäufer vorsätzlich gehandelt hat und der Käufer durch die Täuschung einen finanziellen Nachteil erlitten hat.

Beispiel: Ein Käufer erfährt nach dem Kauf, dass das Fahrzeug in einen schweren Unfall verwickelt war und repariert werden muss. Er kann Schadensersatz für die Reparaturkosten verlangen, die durch den verschwiegenen Unfallschaden entstanden sind.

Rechtsprechung: Der BGH entschied in einem Urteil vom 26. Januar 2005 (Az. VIII ZR 175/04), dass der Verkäufer bei arglistiger Täuschung auch für alle Folgeschäden haften muss, die dem Käufer durch die Täuschung entstanden sind, wie etwa Reparaturkosten oder zusätzliche Aufwendungen.

3. Vorgehen bei arglistiger Täuschung: Schritt-für-Schritt-Anleitung

Wenn Sie als Käufer den Verdacht haben, dass Sie beim Autokauf getäuscht wurden, sollten Sie folgendermaßen vorgehen:

A. Mangel feststellen und dokumentieren

Zunächst sollte der Mangel gründlich dokumentiert werden. Dies kann durch Fotos, Gutachten oder Berichte von Werkstätten geschehen. Insbesondere bei Unfallschäden oder Tachomanipulationen ist es ratsam, ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen.

B. Den Verkäufer zur Mängelbeseitigung auffordern

Der Käufer sollte den Verkäufer schriftlich über den Mangel informieren und ihn zur Nachbesserung auffordern. Sollte der Verkäufer den Mangel bestreiten oder die Nachbesserung verweigern, kann der Käufer weitere rechtliche Schritte einleiten.

C. Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz geltend machen

Wenn der Verkäufer nicht zur Mängelbeseitigung bereit ist, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten, eine Minderung des Kaufpreises verlangen oder Schadensersatz geltend machen. Hierfür sollte der Käufer eine Frist zur Nachbesserung setzen.

D. Rechtliche Schritte einleiten

Sollte der Verkäufer auf die Aufforderung zur Nachbesserung nicht reagieren, kann der Käufer seine Ansprüche gerichtlich geltend machen. Es empfiehlt sich, frühzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten, der den Fall prüft und den Käufer berät.

4. Fazit und Vorgehensweise

Bei einer arglistigen Täuschung beim Autokauf hat der Käufer starke rechtliche Mittel zur Hand. Er kann vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadensersatz verlangen. Wichtig ist, dass der Mangel sorgfältig dokumentiert wird und der Verkäufer schriftlich zur Mängelbeseitigung aufgefordert wird. Sollten Sie Opfer einer Täuschung geworden sein, sollten Sie nicht zögern, rechtliche Schritte zu ergreifen und gegebenenfalls anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Die Rechtsprechung bestätigt in vielen Fällen, dass Käufer im Fall einer arglistigen Täuschung umfassende Rechte haben.

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