Dienstag, Oktober 22, 2024

Mietminderung wegen Schimmelbefall – Ihre Rechte als Mieter und das richtige Vorgehen

Schimmelbefall in der Wohnung ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch erhebliche gesundheitliche Schäden verursachen. Für Mieter stellt sich in solchen Fällen oft die Frage: Welche Rechte habe ich, und wie kann ich eine Mietminderung durchsetzen? Dieser Blogbeitrag gibt einen umfassenden Überblick über das richtige Vorgehen, die rechtlichen Grundlagen und die Höhe der Mietminderung basierend auf der einschlägigen Rechtsprechung.

1. Schimmelbefall erkennen und dokumentieren

Bevor Sie als Mieter Maßnahmen ergreifen, ist es wichtig, den Schimmelbefall genau zu dokumentieren. Dazu gehören:

  • Fotografische Aufnahmen des Schimmels in verschiedenen Räumen und Ecken.
  • Eine genaue Beschreibung der betroffenen Stellen (z. B. Fensterrahmen, Wände, Badezimmer).
  • Kann ein Gutachter hinzugezogen werden?
  • Die Protokollierung der Entwicklung des Schimmelbefalls (wird er größer, bleibt er gleich?).

Wichtig: Der Schimmelbefall darf nicht zwingend durch eine Verschulden des Mieters entstanden sein. Oftmals resultiert Schimmel aus baulichen Mängeln wie feuchten Wänden oder einer unzureichenden Isolierung. Der Mieter ist nicht verpflichtet, übermäßiges Lüften oder Heizen zu betreiben, um solche Mängel zu vermeiden.

2. Vermieter unverzüglich informieren

Nach § 536c Abs. 1 BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter Mängel wie Schimmel unverzüglich mitzuteilen. Das bedeutet, dass Sie als Mieter den Vermieter schriftlich über den Schimmelbefall informieren müssen, und zwar am besten per Einschreiben mit Rückschein oder per E-Mail mit Lesebestätigung. In dem Schreiben sollten Sie:

  • Den Schimmelbefall genau beschreiben.
  • Eine Frist zur Mängelbeseitigung setzen (etwa 14 Tage).
  • Ankündigung, dass Sie bei Nichtbeseitigung eine Mietminderung geltend machen werden.

Es empfiehlt sich, hierbei auf die gesetzliche Grundlage hinzuweisen: Nach § 536 BGB ist der Mieter zur Mietminderung berechtigt, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache durch den Mangel erheblich beeinträchtigt ist.

3. Mietminderung bei ausbleibender Beseitigung geltend machen

Bleibt der Vermieter trotz der Aufforderung zur Mängelbeseitigung untätig oder beseitigt den Schimmel nicht innerhalb der gesetzten Frist, können Sie die Miete mindern. Die Höhe der Mietminderung richtet sich nach dem Grad der Beeinträchtigung der Wohnqualität. Dabei wird die Bruttomiete (auch inklusive aller Betriebskosten) gemindert.

Rechtsgrundlage : Nach § 536 BGB ist eine Mietminderung ohne weitere Ankündigung möglich, wenn der Mangel nicht behoben wird. Der Mieter darf die Minderung sofort ab dem Zeitpunkt des Auftretens des Mangels vornehmen, ohne dass es einer gerichtlichen Feststellung bedarf.

4. Höhe der Mietminderung

Die Höhe der Mietminderung hängt vom Ausmaß des Schimmelbefalls und der dadurch verursachten Beeinträchtigung ab. Die Rechtsprechung hat in vielen Fällen Richtwerte festgelegt. Hier einige Beispiele:

  • Schimmel in einzelnen Räumen : Schimmel in einem einzelnen Raum, insbesondere im Schlafzimmer oder Badezimmer, kann eine Mietminderung von 10–20 % rechtfertigen (LG Berlin, Urteil vom 17.07.2014 – 67 S 114/14).
  • Schimmel in mehreren Räumen : Befallen mehrere Räume oder gar die gesamte Wohnung, kann die Mietminderung auf bis zu 50 % steigen (AG Hamburg, Urteil vom 09.12.2013 – 46 C 108/13).
  • Unbewohnbarkeit der Wohnung : Ist die Wohnung durch den Schimmelbefall nahezu unbewohnbar, kann eine Minderung von bis zu 100 % in Betracht kommen (AG Köln, Urteil vom 12.11.2004 – 205 C 231/04).

In einem Beispiel des AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 16.04.2013 – 3 C 243/12) wurde eine Mietminderung von 15 % für Schimmel im Bad und Schlafzimmer zugesprochen. Hierbei wurde die dauerhafte Beeinträchtigung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Mieter als wesentlicher Grund anerkannt.

5. Vorsicht: Mitverschulden des Mieters

Zu beachten ist, dass eine Mietminderung ausgeschlossen ist, wenn der Schimmel auf ein Fehlverhalten des Mieters zurückzuführen ist. Häufig wird dies durch unsachgemäßes Lüften oder Heizen begründet. In einem solchen Fall trägt der Mieter die Verantwortung für den Mangel. Die Rechtsprechung stellt jedoch hohe Anforderungen an den Nachweis durch den Vermieter, dass der Mieter den Schimmelbefall durch falsches Verhalten verursacht hat.

Das AG Ludwigsburg (Urteil vom 18.11.2009 – 10 C 3304/09) entschied, dass der Vermieter den Mangel nicht einfach auf das Lüftungsverhalten des Mieters schieben kann, wenn keine weiteren baulichen Untersuchungen durchgeführt wurden.

6. Was tun bei Weigerung des Vermieters?

Sollte der Vermieter trotz Fristsetzung nicht reagieren oder die Mietminderung nicht anerkennen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Einschaltung eines Sachverständigen : Lassen Sie einen unabhängigen Gutachter den Schimmel untersuchen, um bauliche Mängel nachzuweisen.
  • Klage auf Mietminderung : Sie können die Mietminderung gerichtlich durchsetzen. Das zuständige Amtsgericht entscheidet im Rahmen einer Mietminderungsklage, ob und in welcher Höhe eine Minderung gerechtfertigt ist.
  • Zurückbehaltung der Miete : Nach § 320 BGB kann der Mieter einen Teil der Miete zurückbehalten, bis der Mangel behoben ist. Hierbei sollte allerdings vorsichtig vorgegangen werden, da der Vermieter bei falscher Einschätzung der Minderungsquote zur Kündigung berechtigt sein kann.

7. Fazit: Mietminderung rechtzeitig und richtig durchsetzen

Schimmel in der Wohnung ist ein schwerwiegender Mangel, der zur Mietminderung berechtigt. Der Mieter sollte jedoch stets nachweisen, dass er den Vermieter rechtzeitig informiert hat und dass der Schimmel nicht durch eigene Verschulden entstanden ist. Die Höhe der Mietminderung richtet sich nach dem Ausmaß des Befalls und der Beeinträchtigung der Wohnqualität. Die Rechtsprechung gibt hier wertvolle Anhaltspunkte, die von Fall zu Fall individuell begründet werden müssen.

Falls der Vermieter sich weigert, den Mangel zu beheben, kann es ratsam sein, rechtliche Schritte einzuleiten und sich durch einen Anwalt beraten zu lassen.

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