In der Praxis des Mietrechts kommt es häufig vor, dass Vermieter Vertragsverstöße über längere Zeit hinweg dulden, sei es aus Nachsicht, Bequemlichkeit oder einem guten Verhältnis zum Mieter. Doch diese Duldung kann rechtliche Konsequenzen haben: Das Kündigungsrecht des Vermieters kann unter bestimmten Voraussetzungen als verwirkt gelten. Der folgende Beitrag beleuchtet die Verwirkung des Kündigungsrechts, deren Voraussetzungen und die aktuelle Rechtsprechung.
1. Rechtliche Grundlage und Definition der Wirkung
Die Wirkung ist ein Verstoß gegen das allgemeine Rechtsprinzip von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Sie greift ein, wenn ein Rechtsträger (hier der Vermieter) über längere Zeit untätig bleibt und dadurch beim anderen Teil (hier dem Mieter) den Eindruck erweckt, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird. In Bezug auf das Mietrecht bedeutet dies: Duldet der Vermieter Vertragsverstöße über einen längeren Zeitraum, kann er unter Umständen sein Kündigungsrecht verlieren. Die Wirkung setzt dabei zwei wesentliche Voraussetzungen voraus:
- Zeitmoment : Der Vermieter muss das Recht über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt haben.
- Umstandsmoment : Beim Mieter muss sich der Eindruck verfestigt haben, dass der Vermieter auf die Durchsetzung des Rechtes verzichtet.
2. Voraussetzungen der Verwirkung im Mietrecht
Die Verwirkung setzt insbesondere voraus, dass der Vermieter die Vertragsverstöße über einen längeren Zeitraum hinnimmt und dabei keinen Widerspruch oder keine Konsequenzen ankündigt. Die Gerichte bewerten dies in der Regel im Einzelfall, wobei Faktoren wie die Schwere und Häufigkeit des Verstoßes, die Dauer der Duldung und das Verhalten des Vermieters eine Rolle spielen.
a) Zeitmoment
Der Zeitrahmen variiert je nach Art des Verstoßes. Ein einmaliges Versäumnis der Mietzahlung erfordert beispielsweise meist eine kürzere Zeitspanne der Untätigkeit, während ein über mehrere Jahre wiederholter Vertragsverstoß (zB unerlaubte Untervermietung) einen längeren Zeitraum erfordert. Entscheidend ist, dass die Untätigkeit des Vermieters das Vertrauen des Mieters darauf begründet, dass der Vermieter den Verstoß akzeptiert hat.
b) Umstandsmoment
Der Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Mieter aufgrund des Verhaltens des Vermieters davon ausgeht, dass dieser Vertragsverstoß duldet. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn der Vermieter regelmäßige Mietzahlungen des Hauptmieters annimmt, obwohl er über eine unerlaubte Untervermietung informiert ist.
3. Beispiele aus der Rechtsprechung
Die Gerichte haben in den letzten Jahren mehrere Urteile zur Verwirkung des Kündigungsrechts gefällt. Einige prägnante Beispiele:
- BGH, Urteil vom 10. April 2013 – VIII ZR 296/12
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass der Vermieter das Kündigungsrecht verwirkt, wenn er jahrelang eine unerlaubte Untervermietung duldete und über diesen Zeitraum hinweg nie eine Abmahnung oder Beanstandung ablehnte. In diesem Fall sah das Gericht das Vertrauen des Mieters als gerechtfertigt an, dass der Vermieter mit der Situation einverstanden sei. - OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2018 – I-10 W 32/18
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschied, dass das Kündigungsrecht des Vermieters verwirkt sein kann, wenn dieser über mehrere Jahre hinweg wiederholt verspätete Mietzahlungen akzeptiert und dem Mieter dadurch signalisiert, dass die reguläre Verspätung keinen Grund zur Kündigung darstellt. - AG München, Urteil vom 5. November 2019 – 474 C 23258/18
Das Amtsgericht München stellte fest, dass das Kündigungsrecht eines Vermieters, der jahrelang eine bauliche Veränderung (Installation eines festen Pavillons) ohne Genehmigung duldet, verwirkt ist. Der Vermieter hatte die bauliche Veränderung während der gesamten Mietdauer toleriert, wodurch der Mieter berechtigterweise davon ausgehen konnte, dass dies für den Vermieter in Ordnung sei.
4. Praxisrelevanz: Was sollte der Vermieter beachten?
Für Vermieter bedeutet die Verwirkung des Kündigungsrechts, dass sie achtsam mit wiederholten Vertragsverstößen umgehen sollten. Falls der Vermieter ein Vertragsverhalten des Mieters nicht dulden möchte, ist er gut beraten, konsequent dagegen vorzugehen. Folgende Maßnahmen können Vermieter ergreifen, um der Verwirkung entgegenzuwirken:
- Zeitnaher Widerspruch : Vermieter sollten auf Vertragsverstöße unmittelbar reagieren, beispielsweise durch eine schriftliche Abmahnung.
- Keine widersprüchliche Handlungsweise : Akzeptiert der Vermieter ein Verhalten über längere Zeit, wird es für den Mieter schwer erkennbar, dass der Vermieter das Verhalten nicht duldet.
- Einleitung rechtlicher Schritte : Falls der Mieter das Verhalten trotz Abmahnung nicht ändert, kann der Vermieter eine fristlose oder ordentliche Kündigung aussprechen.
5. Fazit
Die Wirkung des Kündigungsrechts ist ein wichtiger Aspekt im Mietrecht, der oft unterschätzt wird. Vermieter sollten die Tragweite bedenken, die eine jahrelange Duldung von Vertragsverstößen mit sich bringen kann. Aus Mietersicht bietet die Verwirkung des Kündigungsrechts dagegen Schutz vor willkürlichen Kündigungen aufgrund von Verhaltensweisen, die der Vermieter über lange Zeit hinweg toleriert hat. Aktuelle Urteile zeigen, dass die Gerichte das Prinzip der Verwirkung ernst nehmen und Vermieter verpflichtet sind, ihre Rechte konsequent und konsequent durchzusetzen, um sie nicht zu verwirken.
Mit einer guten Kenntnis dieser Grundsätze können Vermieter und Mieter rechtlich klare Positionen einnehmen und Streitigkeiten vermeiden.