Das Recht am eigenen Bild ist ein zentrales Schutzinstrument des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das jedem Menschen die Macht verleiht, selbst zu bestimmen, ob und in welchem Zusammenhang Bilder seiner Person veröffentlicht oder verbreitet werden dürfen. Dieser Schutz gewinnt in einer zunehmend visuell geprägten und digitalisierten Welt immer mehr an Bedeutung. Verankert ist das Recht im Kunsturhebergesetz (KUG) , insbesondere in den §§ 22 und 23 KUG. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, wichtige Ausnahmen und die praktische Anwendung dieses Rechts, unterlegt mit einschlägiger Rechtsprechung, die die Entwicklung und Auslegung des Rechts am eigenen Bild prägt.
Was regelt der § 22 KUG?
Gemäß § 22 KUG darf ein Bildnis einer Person nur mit ihrer ausdrücklichen Einwilligung veröffentlicht oder verbreitet werden. Diese Einwilligung kann schriftlich oder mündlich erfolgen, muss aber bewusst und eindeutig erteilt werden. In manchen Fällen reicht auch ein konkludentes Verhalten aus, wenn klar erkennbar ist, dass die betroffene Person mit der Veröffentlichung einverstanden ist. Allerdings bedarf es gerade bei der Veröffentlichung von Bildern im öffentlichen Raum, insbesondere in digitalen Medien, eines besonders sorgfältigen Vorgehens. Fehlt die erforderliche Einwilligung, kann die betroffene Person auf Unterlassung klagen oder, bei schwerwiegender Beeinträchtigung, auch Schmerzengeld verlangen. Die Höhe des Schmerzengeldes hängt in der Praxis stark davon ab, wie sehr die Bildveröffentlichung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt hat.
Ein besonders relevantes Urteil in diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Fall BGH, Urteil vom 11. März 2014 – VI ZR 125/12 , in dem die Veröffentlichung von Fotos einer Person ohne deren Zustimmung in einem Boulevardmagazin zu einer Verurteilung führte . Der BGH stellte fest, dass die Veröffentlichung der Bilder das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt habe, da kein berechtigtes öffentliches Interesse an der Darstellung bestehe. Dieses Urteil verdeutlicht, wie hoch der Schutz der Privatsphäre in Deutschland im Rahmen des Rechts am eigenen Bild ist.
Was regelt § 23 KUG?
§ 23 KUG sieht allerdings bestimmte Ausnahmen von der Einwilligungspflicht vor, insbesondere in Fällen, in denen ein übergeordnetes öffentliches Interesse vorliegt. Eine bedeutende Ausnahme betrifft Personen der Zeitgeschichte . Bilder von prominenten Persönlichkeiten oder Menschen, die im Fokus der Öffentlichkeit stehen, können unter Umständen auch ohne deren Einwilligung veröffentlicht werden. Hierbei wird zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte erzählt. Absolute Personen der Zeitgeschichte, wie zum Beispiel Politiker oder bekannte Künstler, stehen dauerhaft im öffentlichen Interesse. Hingegen geraten relative Personen der Zeitgeschichte durch bestimmte Ereignisse in den Fokus, wie etwa durch eine besondere Handlung oder ein öffentliches Ereignis.
So urteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
Ein wegweisendes Urteil in diesem Zusammenhang ist der Fall Caroline von Hannover gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) . In diesem Urteil (EGMR, Urteil vom 24. Juni 2004 – Nr. 59320/00) stellte der EGMR fest, dass auch prominente Persönlichkeiten ein Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre haben, insbesondere wenn die abgebildeten Situationen keinen Bezug zur Ausübung öffentlicher Funktionen haben. Das Gericht entschied, dass die bloße Neugier der Öffentlichkeit kein ausreichendes Interesse vertritt, um eine Veröffentlichung von Bildern aus dem privaten Umfeld zu rechtfertigen. Diese Entscheidung hat maßgeblich dazu beigetragen, den Schutz der Privatsphäre von Prominenten in Europa zu stärken und das Recht am eigenen Bild zu festigen.
Neben den Personen der Zeitgeschichte ist eine weitere Ausnahme vom Einwilligungserfordernis die Abbildung von Personen, die nur als Beiwerk erscheinen. Dies betrifft Fälle, in denen Personen zufällig auf einem Foto erscheinen, wie bei Landschaftsaufnahmen oder öffentlichen Plätzen. Solche Bilder können in der Regel ohne Zustimmung veröffentlicht werden, da die abgebildete Person nicht im Mittelpunkt der Aufnahme steht. Ein prominentes Beispiel für diese Ausnahme findet sich in der Entscheidung des BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – VI ZR 125/12 , wo es um die Veröffentlichung von Fotos einer Menschenmenge bei einem öffentlichen Ereignis geht. Der BGH entschied, dass die Veröffentlichung zulässig sei, da die abgebildeten Personen nicht im Vordergrund der Berichterstattung stünden.
Zusätzlich können Bilder von öffentlichen Versammlungen oder Großereignissen ebenfalls ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn ein allgemeines öffentliches Interesse besteht. In diesen Fällen wird die Informationsfreiheit der Öffentlichkeit höher gewichtet als das individuelle Persönlichkeitsrecht, vorausgesetzt, dass die abgebildeten Personen nicht individuell hervorgehoben werden.
Wer ist besonders schutzbedürftig?
Besonders schutzbedürftig sind Minderjährige . Hier bedarf es in jedem Fall der Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Die Verbreitung von Bildern von Kindern und Jugendlichen ist nur dann zulässig, wenn die Eltern ausdrücklich zugestimmt haben oder das Kind in einer öffentlichen Situation fotografiert wurde, ohne dass das Persönlichkeitsrecht des Kindes dadurch verletzt wird. In Zeiten von Social Media werden jedoch zunehmend Bilder von Kindern unüberlegt veröffentlicht, was zu einer Vielzahl von rechtlichen Auseinandersetzungen führen kann. Gerichte müssen hier zunehmend abwägen, ob die Veröffentlichung dem Wohl des Kindes dient oder ob das Persönlichkeitsrecht verletzt wird.
Welche strafrechtlichen Sanktionen stehen im Raum?
Auch strafrechtliche Konsequenzen sind möglich, wenn gegen das Recht am eigenen Bild verstoßen wird. § 201a StGB stellt die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen unter Strafe. Dies betrifft insbesondere heimliche oder unbefugte Aufnahmen, die das Privatleben einer Person betreffen. In schwerwiegenden Fällen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verhängt werden. Ein Beispiel für die Anwendung dieser Norm ist das Urteil OLG Hamm, Urteil vom 9. September 2011 – 9 U 102/11 , in dem es um heimlich aufgenommene Bilder aus der Privatwohnung eines Prominenten ging. Das Gericht verurteilte die Veröffentlichung als strafbare Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs.
Das digitale Zeitalter stellt das Recht am eigenen Bild vor neue Herausforderungen. Durch die rasante Verbreitung von Bildern über Social Media und andere Online-Plattformen wird es immer schwierig, eine Kontrolle über die Verwendung von Bildern zu behalten. Zudem erschweren Technologien wie Deepfakes , bei denen Bilder und Videos manipuliert werden, den Schutz der Privatsphäre erheblich. Die Geschwindigkeit, mit der Bilder heute online verbreitet werden, stellt Gerichte und Gesetzgeber vor neue Herausforderungen, insbesondere wenn es darum geht, den rechtlichen Schutz mit der schnellen Verbreitung im Internet in Einklang zu bringen.
Das Recht am eigenen Bild bleibt trotz oder gerade wegen dieser Entwicklungen ein unverzichtbares Instrument zum Schutz der persönlichen Würde und Privatsphäre. Es bildet eine wichtige Schutzmauer gegen die Verletzung der persönlichen Rechte und hilft dabei, die Balance zwischen Medienfreiheit und Persönlichkeitsrecht zu wahren. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte stets bemüht sind, diese Abwägung so präzise wie möglich zu treffen, um dem Schutz der Persönlichkeit gerecht zu werden und gleichzeitig die Informationsfreiheit der Öffentlichkeit nicht zu sehr einzuschränken.