In Kleinbetrieben gelten besondere arbeitsrechtliche Regelungen für Kündigungen, die sich von denen in größeren Unternehmen unterscheiden. Das hat vor allem damit zu tun, dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in Kleinbetrieben nur eingeschränkt oder gar nicht anwendbar ist. Dennoch stehen Arbeitnehmer nicht schutzlos da. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die rechtlichen Voraussetzungen einer Kündigung im Kleinbetrieb und erläutern, welche Möglichkeiten Arbeitnehmer haben, sich auch hier gegen eine Kündigung zur Wehr zu setzen. Zudem wird auf einschlägige Beispiele und Rechtsprechung Bezug genommen.
1. Definition: Was ist ein Kleinbetrieb?
Nach § 23 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sind Betriebe mit nicht mehr als zehn regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern Kleinbetriebe. Bei der Berechnung der Betriebsgröße werden Teilzeitbeschäftigte anteilig berücksichtigt:
- Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von bis zu 20 Stunden zählen als 0,5 Mitarbeiter,
- Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit von bis zu 30 Stunden zählen als 0,75 Mitarbeiter.
Betriebe, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, unterliegen dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG. Für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1. Januar 2004 in einem Betrieb beschäftigt waren, gilt der Schwellenwert von fünf Arbeitnehmern weiterhin.
2. Geltung des Kündigungsschutzgesetzes im Kleinbetrieb
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist in Kleinbetrieben grundsätzlich nicht anwendbar. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber hier mehr Flexibilität bei der Kündigung von Mitarbeitern haben, da die strengen Voraussetzungen des allgemeinen Kündigungsschutzes nicht greifen. Insbesondere müssen Arbeitgeber im Kleinbetrieb keine sozialen Gründe für die Kündigung nachweisen, wie es in größeren Betrieben der Fall ist. Kündigungen sind somit in Kleinbetrieben häufig leichter durchzusetzen.
Beispiel: Ein Arbeitgeber eines Kleinbetriebs mit sieben Mitarbeitern kündigt einem Angestellten ohne besondere Begründung. Da der Betrieb weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt, findet das KSchG keine Anwendung, und der Arbeitgeber muss keine sozialen Gründe für die Kündigung nachweisen.
3. Formelle Anforderungen an die Kündigung
Auch in Kleinbetrieben müssen die formellen Voraussetzungen einer Kündigung eingehalten werden. Dazu zählen:
- Schriftform: Nach § 623 BGB muss jede Kündigung schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam.
- Kündigungsfrist: Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB, es sei denn, vertraglich wurden längere Fristen vereinbart. Die Frist hängt von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab und beträgt mindestens vier Wochen.
- Betriebsratsanhörung: Gibt es einen Betriebsrat, ist dieser auch in Kleinbetrieben vor Ausspruch einer Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG). Andernfalls ist die Kündigung unwirksam.
4. Schutz vor diskriminierenden Kündigungen
Auch wenn das KSchG in Kleinbetrieben nicht gilt, sind Arbeitnehmer nicht völlig schutzlos. So muss jede Kündigung den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen genügen. Insbesondere darf eine Kündigung nicht diskriminierend oder willkürlich sein. Dies ergibt sich unter anderem aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Kündigungen, die gegen das AGG verstoßen, weil sie beispielsweise auf Geschlecht, Alter, Religion, Behinderung, sexuelle Identität oder ethnische Herkunft des Arbeitnehmers gestützt sind, sind unwirksam.
Beispiel aus der Rechtsprechung: Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied in einem Urteil vom 17. Dezember 2014 (Az. 4 Sa 616/13), dass eine Kündigung, die allein aufgrund des Geschlechts ausgesprochen wurde, unwirksam ist. In diesem Fall war die Begründung des Arbeitgebers, er wolle keine Frauen mehr im Betrieb beschäftigen, ein klarer Verstoß gegen das AGG.
5. Möglichkeiten des Arbeitnehmers, sich gegen eine Kündigung zu wehren
Auch im Kleinbetrieb haben Arbeitnehmer rechtliche Mittel, um sich gegen eine Kündigung zu wehren, insbesondere durch die Kündigungsschutzklage. Zwar greift das KSchG nicht, dennoch gibt es andere Schutzmechanismen, auf die sich Arbeitnehmer berufen können:
A. Kündigungsschutzklage
Auch im Kleinbetrieb kann ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, um die Kündigung überprüfen zu lassen. Das Arbeitsgericht prüft dann, ob die Kündigung formal korrekt ist und ob sie möglicherweise gegen andere rechtliche Vorschriften (z. B. AGG) verstößt.
B. Sittenwidrige oder willkürliche Kündigungen
Nach § 138 BGB sind Kündigungen sittenwidrig und damit unwirksam, wenn sie gegen die guten Sitten verstoßen oder auf Willkür basieren. Ein Beispiel hierfür wäre eine Kündigung aus Rache, weil der Arbeitnehmer seine Rechte in einem anderen Bereich durchgesetzt hat.
Rechtsprechung: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied in einem Urteil vom 10. Oktober 2002 (Az. 2 AZR 472/01), dass eine Kündigung aus rein willkürlichen Motiven sittenwidrig und damit unwirksam ist. In dem Fall hatte der Arbeitgeber ohne erkennbaren Grund gekündigt, was das Gericht als Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme bewertete.
C. Verstoß gegen Treu und Glauben
Nach § 242 BGB ist die Ausübung von Rechten unzulässig, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Das bedeutet, dass eine Kündigung, die in einem groben Missverhältnis zu den Interessen des Arbeitnehmers steht, unwirksam sein kann.
Rechtsprechung: In einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 20. Juni 2013 (Az. 2 AZR 546/12) wurde entschieden, dass eine Kündigung unwirksam ist, wenn sie gegen das Gebot von Treu und Glauben verstößt. Hier hatte der Arbeitgeber einem langjährigen Arbeitnehmer nach einem einmaligen, geringen Fehlverhalten gekündigt, ohne vorherige Abmahnung. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit.
D. Prüfung der Kündigungsfrist
Arbeitnehmer können auch die Einhaltung der Kündigungsfrist überprüfen lassen. Wenn der Arbeitgeber die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen nicht einhält, ist die Kündigung unwirksam. Arbeitnehmer können in diesem Fall auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder auf Schadensersatz klagen.
6. Sozialschutz für ältere Arbeitnehmer und Schwerbehinderte
Auch im Kleinbetrieb gibt es besonderen Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer nach § 168 SGB IX. Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Geschieht dies nicht, ist die Kündigung unwirksam.
Ebenso ist zu beachten, dass ältere Arbeitnehmer, die bereits lange im Betrieb beschäftigt sind, zumindest auf einen moralischen Kündigungsschutz pochen können. Selbst wenn kein formeller gesetzlicher Schutz besteht, könnten Arbeitsgerichte in solchen Fällen prüfen, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist.
Fazit und Ausblick
Auch in Kleinbetrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht greift, genießen Arbeitnehmer einen gewissen Schutz vor ungerechtfertigten oder diskriminierenden Kündigungen. Während Arbeitgeber im Kleinbetrieb grundsätzlich flexibler kündigen können, müssen sie dennoch formale Anforderungen einhalten und dürfen keine Kündigungen aus diskriminierenden oder willkürlichen Gründen aussprechen. Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, durch eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eine Überprüfung der Kündigung zu erwirken. Zudem greifen in besonderen Fällen, etwa bei Schwerbehinderten, spezielle gesetzliche Schutzregelungen.
Es ist daher ratsam, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer bei Kündigungen im Kleinbetrieb die rechtlichen Grundlagen sorgfältig prüfen und im Zweifelsfall rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.