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Die Berechnung des Versorgungsausgleichs im Familienrecht

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Der Versorgungsausgleich ist ein wesentlicher Bestandteil des Scheidungsverfahrens, der die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ehegatten gerecht verteilt. Das Ziel ist es, eine gleichmäßige Verteilung der Versorgungsansprüche sicherzustellen, damit keiner der Ehegatten aufgrund der Rollenverteilung während der Ehe benachteiligt wird. Die Berechnung des Versorgungsausgleichs ist komplex und umfasst verschiedene Versorgungssysteme und Berechnungsschritte. Dieser Beitrag erläutert die Grundlagen des Versorgungsausgleichs und führt anhand eines konkreten Beispiels durch die Berechnung.

1. Grundlagen des Versorgungsausgleichs

Der Versorgungsausgleich regelt die Verteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften und sonstigen Versorgungsansprüche. Die Ehezeit ist dabei der Zeitraum vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen wurde, bis zum Ende des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. Während dieser Zeit erworbene Alters- und Invaliditätsansprüche werden berücksichtigt und jeweils zur Hälfte auf die Ehegatten verteilt.

Die im Versorgungsausgleich berücksichtigten Versorgungsansprüche umfassen:

  • Gesetzliche Rentenversicherung
  • Betriebliche Altersversorgung
  • Beamtenversorgung
  • Riesterrente und Rürup-Rente
  • Berufsständische Versorgungen (z. B. Anwalts- oder Ärzteversorgung)

2. Durchführung des Versorgungsausgleichs

Bei der Berechnung werden die jeweiligen Ansprüche zunächst in finanzielle Werte umgerechnet, entweder in Rentenpunkte oder Kapitalwerte, und anschließend zur Hälfte aufgeteilt. Der Ausgleich erfolgt entweder intern (in Form eines eigenen Kontos für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bei demselben Versorgungsträger) oder extern (Übertragung an einen anderen Versorgungsträger, z. B. die Deutsche Rentenversicherung).

3. Beispiel zur Berechnung des Versorgungsausgleichs

Um die Berechnung des Versorgungsausgleichs besser zu veranschaulichen, betrachten wir das Beispiel eines Ehepaares, Anna und Ben, die nach 15 Jahren Ehe die Scheidung einreichen. Beide haben während der Ehezeit unterschiedliche Rentenanwartschaften erworben.

Angaben zur Ehezeit und zu den Rentenanwartschaften

  • Ehezeit: 01.01.2009 bis 31.12.2023 (15 Jahre oder 180 Monate)
  • Anwartschaften während der Ehe:
    • Anna: Gesetzliche Rentenversicherung (40 Entgeltpunkte), Betriebliche Altersversorgung (Kapitalwert von 20.000 EUR zum Ehezeitende)
    • Ben: Gesetzliche Rentenversicherung (25 Entgeltpunkte), Private Rentenversicherung (Riesterrente, Kapitalwert von 10.000 EUR zum Ehezeitende)

Schritt-für-Schritt-Berechnung des Versorgungsausgleichs

Gesetzliche Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung ermittelt die Rentenanwartschaften in Entgeltpunkten, die als Maßstab für die Rentenhöhe dienen.

  • Annas Rentenanwartschaft: 40 Entgeltpunkte
  • Bens Rentenanwartschaft: 25 Entgeltpunkte

Zur Berechnung des Versorgungsausgleichs wird die Hälfte der während der Ehe erworbenen Entgeltpunkte des anderen auf den jeweiligen Ehegatten übertragen.

Berechnung der Entgeltpunkte pro Person nach dem Ausgleich:

  • Anna erhält 25/2 = 12,5 Entgeltpunkte von Ben.
  • Ben erhält 40/2 = 20 Entgeltpunkte von Anna.

Nach dem Ausgleich ergibt sich:

  • Anna: 40 – 20 + 12,5 = 32,5 Entgeltpunkte
  • Ben: 25 – 12,5 + 20 = 32,5 Entgeltpunkte

Damit haben beide nach dem Versorgungsausgleich jeweils 32,5 Entgeltpunkte, was eine gleichmäßige Verteilung der Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung sicherstellt.

Betriebliche Altersversorgung (Anna)

Annas betriebliche Altersversorgung hat zum Ende der Ehe einen Kapitalwert von 20.000 EUR.

  • Da der Wert vollständig während der Ehezeit erworben wurde, hat Ben Anspruch auf die Hälfte dieses Betrags.
  • Der zu übertragende Ausgleichsbetrag beträgt daher: 20.000 EUR / 2 = 10.000 EUR.

In vielen Fällen wird die betriebliche Altersversorgung extern geteilt, sodass Ben eine separate Anwartschaft von 10.000 EUR erhält, z. B. bei der Deutschen Rentenversicherung oder einem anderen Versorgungsträger.

Private Rentenversicherung (Riesterrente, Ben)

Bens private Riesterrente weist zum Ende der Ehe einen Kapitalwert von 10.000 EUR auf.

  • Anna hat Anspruch auf die Hälfte, also: 10.000 EUR / 2 = 5.000 EUR.

Auch hier wird häufig eine externe Teilung vorgenommen, sodass Anna eine eigene Anwartschaft über 5.000 EUR erhält.

Zusammenfassung des Versorgungsausgleichs

VersorgungsteilAnna vor AusgleichBen vor AusgleichÜbertrag an BenÜbertrag an AnnaAnna nach AusgleichBen nach Ausgleich
Gesetzliche Rentenversicherung40 EP25 EP20 EP12,5 EP32,5 EP32,5 EP
Betriebliche Altersversorgung20.000 EUR10.000 EUR10.000 EUR10.000 EUR
Private Rentenversicherung (Riesterrente)10.000 EUR5.000 EUR5.000 EUR5.000 EUR

Ergebnis: Nach der Berechnung und dem Ausgleich des Versorgungsausgleichs verfügt jeder Ehegatte über gleichwertige Anwartschaften und Kapitalwerte, die eine gerechte Verteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche sicherstellen.

4. Besonderheiten und Fallstricke

Die Berechnung des Versorgungsausgleichs birgt eine Reihe von Besonderheiten, auf die geachtet werden sollte:

  • Unterschiedliche Bewertungssysteme: Unterschiedliche Versorgungsarten, z. B. Rentenpunkte bei der gesetzlichen Rente oder Kapitalwerte bei der betrieblichen Altersversorgung, erfordern spezifische Umrechnungen und Bewertungen.
  • Externe und interne Teilung: Während gesetzliche Renten oft intern geteilt werden, erfolgt bei anderen Altersversorgungen, wie der betrieblichen Altersversorgung, häufig eine externe Teilung.
  • Nachträgliche Änderungen: Die tatsächlichen Rentenansprüche können sich nach der Scheidung durch Ereignisse wie eine vorzeitige Verrentung oder eine Beitragslücke verändern. Solche Entwicklungen müssen bei der Planung berücksichtigt werden.

Fazit

Die Berechnung des Versorgungsausgleichs ist ein anspruchsvoller Prozess, der genaue Kenntnisse der Berechnungsmethoden und der jeweiligen Versorgungssysteme erfordert. Anwälte und Beteiligte sollten bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs besondere Sorgfalt walten lassen, um eine gerechte Verteilung der Rentenanwartschaften sicherzustellen. Durch eine umfassende und korrekte Berechnung wird nicht nur die finanzielle Absicherung beider Ehegatten gewährleistet, sondern auch das Scheidungsverfahren transparenter und gerechter gestaltet.

Dieses Beispiel zeigt, wie die Rentenanwartschaften im Versorgungsausgleich gerecht geteilt werden können und wie wichtig eine präzise Berechnung ist, um Fehler und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

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