Hintergrund der Entscheidung
Im gegenwärtigen Fall hatte die Stadt Frankfurt am Main Leiharbeitskräfte eines privaten Unternehmens zur Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt. Diese Mitarbeiter wurden als sogenannte „Hilfspolizeibeamte“ bestellt, trugen Uniformen und führten Kontrollen durch, als ob sie reguläre Stadtpolizisten wären. Im konkreten Fall wurde einem Betroffenen ein Verwarngeld in Höhe von 15 Euro wegen unerlaubten Parkens im eingeschränkten Halteverbot auferlegt, das er anfocht. Das Oberlandesgericht gab dem Betroffenen letztlich Recht und legte das Verfahren ein, da die Beweise durch den Einsatz privater Dienstleister erhoben worden waren.
Begründung des OLG: Verstoß gegen das staatliche Gewaltmonopol
Das Gericht führte in seiner Begründung aus, dass die Verkehrsüberwachung eine hohe Aufgabe sei, die ausschließlich von staatlichen Organen wahrgenommen werden dürfe. Diese Aufgabe kann weder auf private Dienstleister übertragen werden noch dürfen solche Dienstleister als „Hilfspolizeibeamte“ tätig werden. Das Gericht bezog sich dabei auf das im Grundgesetz verankerte Gewaltmonopol des Staates, das sicherstellte, dass die Durchsetzung von Gesetzen und Sanktionen ausschließlich in staatlicher Hand bleibt.
Absolute Unverwertbarkeit der Beweise
Besonders gravierend ist die Feststellung des OLG, dass alle durch private Dienstleister erworbenen Beweise einem absoluten Verwertungsverbot unterliegen. Dies bedeutet, dass Verstöße, die durch solche privaten Mitarbeiter festgestellt wurden, in einem gerichtlichen Verfahren nicht verwendet werden dürfen. Diese Beweisverwertung wäre unzulässig, da sie auf einer gesetzeswidrigen Grundlage beruht.
Der Anstieg von Privatanzeigen: Besorgniserregende Entwicklung
Mit großer Sorge sieht der Rechtsanwalt Lenhart den zunehmenden Trend, dass immer mehr Bürger als „Hobby-Ordnungshüter“ in Erscheinung treten. Er warnt vor dem Kult um den sogenannten „Anzeigen-Hauptmeister“, der inzwischen tausende Nachahmer inspiriert hat, die mit dem Segen der Kommunen tätig sind. Ein besonders besorgniserregendes Beispiel bietet die Stadt Frankfurt am Main, die im Februar ein sogenanntes Petz-Portal gestartet hat. Dieses Portal ermöglicht es Bürgern, Falschparker anonym zu melden. Seit der Einführung sind fast 30.000 Anzeigen eingegangen. Laut Lenhart seien die meisten dieser Anzeigen jedoch illegal, da sie häufig auf gesetzlich fragwürdiger Grundlage beruhen und das staatliche Gewaltmonopol umgehen.
Konsequenzen für Kommunen
Viele Städte und Gemeinden haben in der Vergangenheit private Dienstleister eingesetzt oder, wie im Fall des Petz-Portals, Bürger zur Überwachung des ruhenden Verkehrs motiviert. Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main verdeutlicht jedoch, dass ein solches Vorgehen nicht nur rechtlich problematisch, sondern unzulässig ist. Kommunen müssen daher künftig darauf achten, dass ausschließlich staatliche Bedienstete oder ordnungsgemäß ermächtigte Hilfspolizeibeamte diese hohen Aufgaben wahrnehmen.
Ausblick: Weitere Rechtsentwicklungen und Reformbedarf
Die Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Verkehrsüberwachung in Deutschland haben. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber reagiert und ggf. spezifische Ermächtigungsgrundlagen schafft, um den Einsatz privater Dienstleister oder die Einbeziehung der Bürger in die Verkehrsüberwachung rechtlich abzusichern. Angesichts des grundsätzlichen Charakters des staatlichen Gewaltmonopols und der Gefahr, dass dieses durch fragwürdige Initiativen wie das Petz-Portal weiter ausgehöhlt wird, erscheint dies jedoch zweifelhaft.