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OLG Nürnberg schafft Klarheit für Coaches und Dienstleister – Fernunterrichtsschutzgesetz im Fokus

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Einleitung: Vertragsrisiken für Coaches und Dienstleister

Die Frage, ob Verträge von Coaches und anderen Dienstleistungsanbietern, die Fernunterricht anbieten, der Regelung des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) unterliegen und damit angreifbar oder sogar nichtig sein könnten, hat die Branche in den vergangenen anderthalb Jahren intensiv beschäftigt. Nun sorgt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg (Az.: 14 U 138/24) für mehr Rechtsklarheit und könnte richtungsweisend sein.

Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) und seine Bedeutung

Das Fernunterrichtsschutzgesetz wurde eingeführt, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor unseriösen Fernunterrichtsangeboten zu schützen. Es greift, wenn es sich um Lehrveranstaltungen handelt, die „im Wesentlichen selbstständig und ohne Anwesenheit des Lehrers“ durchgeführt werden und die eine berufliche Bildung oder eine allgemeine Weiterbildung zum Ziel haben. Die Regelungen des FernUSG stellen hohe Anforderungen an den Vertragsabschluss und verpflichten Anbieter zu umfassenden Informationspflichten, Rücktrittsrechten und weiteren Schutzmaßnahmen für Verbraucher.

Für Anbieter aus dem Coaching- und Dienstleistungsbereich war jedoch bislang oft unklar, wann ihre Verträge in den Anwendungsbereich des FernUSG fallen. Dies betrifft insbesondere Dienstleistungen, die außerhalb klassischer Bildungsveranstaltungen angeboten werden und eher beratende oder betreuende Inhalte beinhalten.

Urteil des OLG Nürnberg: Wichtige Leitlinien für Anbieter

In seiner Entscheidung hat das OLG Nürnberg nun grundlegende Maßstäbe gesetzt, wann ein Vertrag als Fernunterricht im Sinne des FernUSG anzusehen ist und wann nicht. Das Gericht legte dabei besonderes Augenmerk auf die folgenden Punkte:

  1. Definition von „Unterricht“: Das Gericht stellte fest, dass nicht jede Form von Wissensvermittlung als Unterricht im Sinne des FernUSG anzusehen ist. Entscheidend sei, ob eine systematische und zielgerichtete Wissensvermittlung im Vordergrund stehe, die auf eine berufliche oder allgemeinbildende Qualifikation zielt.
  2. Selbstständigkeit und Fernabwicklung: Verträge, die im Wesentlichen eine persönliche Betreuung oder individuelle Beratung vorsehen, gelten nicht automatisch als Fernunterricht. Entscheidend sei vielmehr der Grad der Interaktivität und die Möglichkeit, direkt auf den Dienstleister Einfluss zu nehmen.
  3. Abgrenzung von Coachings und reinen Unterrichtseinheiten: Das OLG Nürnberg führte aus, dass Coaching-Angebote, die eher auf eine beratende und begleitende Tätigkeit abzielen und weniger strukturierten Unterricht beinhalten, häufig nicht unter das FernUSG fallen. Damit bleiben viele Coaching-Verträge, die sich primär an Einzelpersonen richten und nicht die Vermittlung festgelegter Lehrinhalte beinhalten, vom Anwendungsbereich des FernUSG unberührt.

Auswirkungen auf die Praxis: Was Coaches und Dienstleister beachten sollten

Durch das Urteil des OLG Nürnberg wird klar, dass Dienstleister, die im Bereich Coaching oder Beratung tätig sind, ihre Vertragsgestaltung gezielt überprüfen sollten, um unnötige Risiken im Hinblick auf das FernUSG zu vermeiden. Anbieter sollten:

  • Vertragsinhalte sorgfältig gestalten: Besonders wichtig ist es, klar zu definieren, ob die angebotenen Leistungen eher betreuenden, beratenden oder unterrichtenden Charakter haben. Beratende Leistungen ohne strukturierte Unterrichtselemente fallen oft nicht unter das FernUSG.
  • Informationspflichten beachten: Anbieter, die dennoch unter das FernUSG fallen, sollten darauf achten, die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten zu erfüllen, um eine Anfechtung der Verträge zu vermeiden.
  • Rücktrittsrechte gewähren: Falls die Leistungen unter das FernUSG fallen, sind Verbrauchern besondere Rücktrittsrechte einzuräumen. Auch hierauf sollten Anbieter achten, um Rechtsnachteile zu vermeiden.

Fazit: Ein Schritt zu mehr Rechtssicherheit für Coaches und Dienstleister

Das Urteil des OLG Nürnberg bringt Coaches und anderen Dienstleistern im Bereich Fernunterricht und Coaching mehr Rechtssicherheit. Die neuen Leitlinien helfen Anbietern, ihre Vertragsgestaltung besser an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen und das Risiko einer späteren Anfechtung oder Nichtigkeit ihrer Verträge zu reduzieren.

Gerade für kleinere Anbieter, die ihre Dienstleistungen online und ohne feste Unterrichtsstruktur anbieten, bietet dieses Urteil Orientierung, um sich rechtssicher am Markt zu positionieren.

Weiterführende Informationen

Für eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema und der Entscheidung des OLG Nürnberg können folgende Quellen hilfreich sein:

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