A. Einleitung zum Thema

Die Steuerberaterhaftung ist ein vielschichtiges und heikles Thema, das sowohl für Steuerberater als auch für deren Mandanten von erheblicher Bedeutung ist. Da Steuerberater bei der Beratung und Erstellung von Steuererklärungen eine Vertrauensstellung innehaben, sind ihre Fehler oftmals mit weitreichenden finanziellen Konsequenzen für die Mandanten verbunden. Aber welche rechtlichen Vorschriften regeln die Haftung des Steuerberaters, und welche typischen Pflichtverletzungen können zu einer Haftung führen?

1. Gesetzliche Grundlagen der Steuerberaterhaftung

Die Haftung von Steuerberatern wird im Wesentlichen durch das Steuerberatungsgesetz (StBerG) und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geregelt.

  • § 33 StBerG beschreibt die allgemeinen Berufspflichten eines Steuerberaters, die besagen, dass ein Steuerberater seine Aufgaben gewissenhaft und unparteiisch wahrzunehmen hat.
  • § 67 StBerG bezieht sich auf die Haftung und verpflichtet den Steuerberater, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, um finanzielle Schäden abzusichern.
  • § 280 BGB regelt die Schadensersatzpflicht bei Pflichtverletzungen, wenn der Steuerberater schuldhaft seine vertraglichen Pflichten verletzt und dem Mandanten dadurch ein Schaden entsteht.
  • § 823 BGB ermöglicht eine deliktische Haftung, wenn der Steuerberater gegen die allgemeinen Sorgfaltspflichten verstößt und dadurch widerrechtlich einen Schaden verursacht.

2. Typische Pflichtverletzungen in der Steuerberaterhaftung

Es gibt eine Reihe von Verstößen, die als Pflichtverletzungen eines Steuerberaters gelten und zu einer Haftung führen können. Die häufigsten Pflichten, deren Verletzung zu einer Haftung führen kann, sind:

a) Falsche Beratung

Eine der Hauptpflichten des Steuerberaters ist die kompetente und rechtzeitige Beratung seines Mandanten. Falsche Ratschläge, wie z. B. über veränderte steuerliche Rahmenbedingungen oder Möglichkeiten zur Steuergestaltung, können zu erheblichen finanziellen Einbußen führen. Beispiel: Empfiehlt der Berater fälschlicherweise eine bestimmte steuerliche Konstruktion, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, und führt dies zu Nachzahlungen oder Strafen, haftet der Berater für diesen Schaden.

b) Verspätete Abgabe von Steuererklärungen

Eine häufige Pflichtverletzung ist die verspätete Abgabe von Steuererklärungen. Steuerberater sind dafür verantwortlich, die relevanten Fristen im Blick zu behalten. Wird eine Steuererklärung nicht rechtzeitig eingereicht und entstehen dadurch Zinsen oder Säumniszuschläge, kann der Steuerberater haftbar gemacht werden. Dies fällt unter den Grundsatz der rechtzeitigen Erfüllung vertraglicher Pflichten.

c) Fehlerhafte Buchführung

Steuerberater sind oft auch für die Buchführung ihrer Mandanten verantwortlich. Fehlerhafte Buchungen oder die falsche Kategorisierung von Einnahmen und Ausgaben können zu fehlerhaften Steuererklärungen führen. Solche Fehler bergen das Risiko von Betriebsprüfungen und können zu erheblichen Steuernachzahlungen führen. Auch hier haftet der Steuerberater für den entstandenen Schaden.

d) Verstoß gegen Aufklärungspflichten

Eine weitere häufige Pflichtverletzung besteht darin, dass der Steuerberater den Mandanten nicht ausreichend über steuerrechtliche Risiken und Chancen aufklärt. Wenn der Mandant infolge einer unzureichenden Beratung eine falsche Entscheidung trifft, kann der Berater zur Verantwortung gezogen werden. Es besteht eine Informationspflicht, den Mandanten über mögliche steuerliche Risiken, wie beispielsweise die Gefahr von Betriebsprüfungen oder steuerlichen Änderungen, zu informieren.

e) Verletzung der Verschwiegenheitspflicht

Steuerberater unterliegen der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht (§ 57 StBerG). Jede unbefugte Weitergabe von Informationen, insbesondere vertraulicher Daten des Mandanten, stellt eine schwere Pflichtverletzung dar und kann sowohl zu zivilrechtlichen als auch strafrechtlichen Konsequenzen führen.

3. Die Folgen der Haftung: Schadensersatzansprüche

Wenn ein Steuerberater seine Pflichten verletzt und dem Mandanten ein Schaden entsteht, kann der Mandant Schadensersatz geltend machen. Dies erfolgt in der Regel auf Grundlage des § 280 BGB. Der Mandant muss jedoch nachweisen, dass ein konkreter Schaden durch die Pflichtverletzung entstanden ist und dass der Steuerberater diese Pflichtverletzung zu verantworten hat (Verschulden).

4. Begrenzung der Haftung

Es ist wichtig zu wissen, dass Steuerberater ihre Haftung vertraglich begrenzen können, jedoch nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Gemäß § 67 StBerG ist die Haftung für fahrlässige Pflichtverletzungen auf einen Höchstbetrag von 1 Million Euro begrenzt, sofern nicht im Einzelfall eine höhere Versicherungssumme vereinbart wurde.

5. Fazit: Vorsicht und Sorgfalt als oberste Maxime

Steuerberater tragen eine immense Verantwortung gegenüber ihren Mandanten. Pflichtverletzungen können zu erheblichen finanziellen Verlusten führen und den Berater haftbar machen. Daher ist es für Steuerberater unerlässlich, stets die gesetzlichen Fristen im Auge zu behalten, sich regelmäßig fortzubilden und über Änderungen im Steuerrecht auf dem Laufenden zu sein. Mandanten hingegen sollten bei der Auswahl ihres Steuerberaters auf dessen Qualifikationen und Erfahrung achten und gegebenenfalls im Vorfeld vertragliche Regelungen zur Haftungsbegrenzung prüfen.

Die Haftung des Steuerberaters stellt somit eine komplexe Schnittstelle zwischen Recht, Steuergesetzen und Praxis dar. Während es klare gesetzliche Regelungen zur Haftung gibt, bleibt es unerlässlich, dass sowohl Steuerberater als auch Mandanten ihre Rechte und Pflichten kennen und entsprechend handeln, um Haftungsrisiken zu minimieren.

B. Vorgehensweise bei einem Vorgehen gegen einen Steuerberater durch einen Rechtsanwalt

Wenn ein Mandant der Meinung ist, dass sein Steuerberater eine Pflichtverletzung begangen hat und dadurch ein Schaden entstanden ist, stellt sich die Frage, wie er juristisch gegen den Steuerberater vorgehen kann. Ein Rechtsanwalt wird in einem solchen Fall mehrere Schritte unternehmen, um Ansprüche des Mandanten durchzusetzen. Die folgenden Schritte erläutern die typischen Phasen eines solchen Verfahrens:

1. Erstgespräch und Prüfung des Sachverhalts

Zunächst wird der Rechtsanwalt in einem ausführlichen Erstgespräch mit dem Mandanten den gesamten Sachverhalt ermitteln. Hierbei ist es entscheidend, sämtliche relevanten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, wie etwa:

  • Der Steuerberatungsvertrag (zur Klärung der vertraglichen Pflichten des Beraters).
  • Steuererklärungen und Korrespondenzen zwischen dem Mandanten und dem Steuerberater.
  • Behördliche Bescheide oder Nachforderungen, die auf die Pflichtverletzung zurückzuführen sind.

Der Anwalt wird überprüfen, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung des Steuerberaters vorliegt und ob diese kausal für den entstandenen Schaden ist. Zudem wird geprüft, ob die Haftung des Steuerberaters möglicherweise vertraglich eingeschränkt ist und ob eine Berufshaftpflichtversicherung besteht, die zur Deckung des Schadens herangezogen werden kann.

2. Beweissicherung

Eine wichtige Phase im Rahmen der Vorbereitung eines Verfahrens gegen einen Steuerberater ist die Sicherung von Beweisen. Dazu gehört:

  • Dokumentation der Pflichtverletzung: Der Rechtsanwalt wird alle relevanten Dokumente sichten und Beweise sichern, die die Pflichtverletzung belegen (z.B. fehlerhafte Steuererklärungen, verpasste Fristen, unzureichende Beratung).
  • Zeugenaussagen: In manchen Fällen können auch Zeugenaussagen von Dritten, wie Mitarbeitern oder weiteren Beratern, die Fehlberatung bestätigen.

3. Aufforderung zur außergerichtlichen Einigung (Schadensersatzforderung)

In den meisten Fällen wird der Anwalt zunächst versuchen, eine außergerichtliche Einigung anzustreben. Dies geschieht durch die schriftliche Aufforderung an den Steuerberater, den Schaden zu ersetzen. In einem solchen Schreiben wird:

  • Die Pflichtverletzung detailliert beschrieben und der Steuerberater auf seine Versäumnisse hingewiesen.
  • Der entstandene Schaden beziffert und durch entsprechende Dokumente (Steuerbescheide, Nachzahlungsforderungen, Strafbescheide etc.) nachgewiesen.
  • Eine Frist zur Zahlung oder Schadensregulierung gesetzt.

Die meisten Steuerberater haben eine Berufshaftpflichtversicherung, die solche Schäden regulieren kann. Ziel dieser außergerichtlichen Einigung ist es, eine schnelle und kosteneffiziente Lösung zu erreichen, ohne dass es zu einem aufwendigen Gerichtsverfahren kommt.

4. Schlichtungsverfahren vor der Steuerberaterkammer

Falls eine außergerichtliche Einigung nicht zustande kommt, besteht die Möglichkeit, ein Schlichtungsverfahren bei der zuständigen Steuerberaterkammer anzustrengen. Dieses Verfahren kann oft helfen, langwierige und kostspielige Gerichtsprozesse zu vermeiden. In diesem Rahmen wird der Fall durch die Kammer geprüft, und es wird versucht, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu erreichen.

5. Gerichtliche Klage

Sollte der Steuerberater nicht auf die Aufforderung zur Schadensregulierung reagieren oder lehnt er diese ab, wird der Anwalt den Mandanten bei der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche unterstützen. Dabei geht der Rechtsanwalt in der Regel wie folgt vor:

  • Klageerhebung: Der Anwalt reicht Klage beim zuständigen Zivilgericht ein. Bei Schadensersatzforderungen richtet sich die Zuständigkeit in der Regel nach dem Streitwert. In der Klage wird der gesamte Sachverhalt dargelegt, die Pflichtverletzung des Steuerberaters genau beschrieben und die Höhe des Schadens beziffert.
  • Schadensnachweis: Es muss dargelegt werden, dass der Schaden kausal auf die Pflichtverletzung des Steuerberaters zurückzuführen ist. Oft ist es notwendig, durch ein Sachverständigengutachten zu belegen, dass der Berater fehlerhaft gehandelt hat.
  • Verjährungsfristen beachten: Gemäß § 68 StBerG verjähren Ansprüche gegen den Steuerberater grundsätzlich in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem der Mandant von der Pflichtverletzung Kenntnis erlangt hat. Es ist daher wichtig, rechtzeitig gegen den Steuerberater vorzugehen.

6. Beweisaufnahme und gerichtliche Verhandlung

In der Beweisaufnahmephase wird das Gericht den Fall umfassend prüfen. Hierbei können Sachverständige hinzugezogen werden, um die Pflichtverletzung des Steuerberaters und den entstandenen Schaden zu bewerten.

  • Zeugenaussagen und Gutachten können entscheidend sein, um den Schaden und die Verantwortlichkeit des Steuerberaters nachzuweisen.
  • Während der Verhandlung wird der Steuerberater häufig versuchen, nachzuweisen, dass er entweder keinen Fehler begangen hat oder dass der Schaden auch ohne seinen Fehler entstanden wäre.

7. Urteil und Schadensersatz

Im Falle eines positiven Urteils für den Mandanten wird das Gericht den Steuerberater zum Ersatz des Schadens verurteilen. Dieser umfasst nicht nur die direkten finanziellen Einbußen, sondern auch Zinsen, Gerichtskosten und die Kosten des Rechtsanwalts. Der Steuerberater oder dessen Berufshaftpflichtversicherung muss diesen Betrag dann begleichen.

8. Berufung oder Vergleich

Sowohl der Steuerberater als auch der Mandant haben nach dem Urteil die Möglichkeit, in Berufung zu gehen, sofern sie mit dem Urteil nicht zufrieden sind. Alternativ können beide Parteien auch nach der ersten Instanz einen gerichtlichen Vergleich anstreben, um die Auseinandersetzung zu beenden.

Fazit

Der Weg, um Ansprüche gegen einen Steuerberater durchzusetzen, ist oft lang und kompliziert. Eine kompetente rechtliche Beratung ist hierbei unerlässlich, um sicherzustellen, dass alle Schritte ordnungsgemäß durchgeführt werden und der Mandant zu seinem Recht kommt. Dabei gilt es, die Beweise sorgfältig zu sichern, die Fristen im Auge zu behalten und sowohl außergerichtliche als auch gerichtliche Wege effizient zu nutzen. Durch eine durchdachte und gut vorbereitete Klage kann der Mandant im Falle einer Pflichtverletzung des Steuerberaters angemessenen Schadensersatz erhalten.


Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Steuerberater und Mandanten sollten im Zweifel immer einen spezialisierten Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Steuerrecht konsultieren.

Hier sind einige relevante Urteile zur Steuerberaterhaftung sowie die zugehörigen Leitsätze:

1. BGH, Urteil vom 17.12.2009 – IX ZR 118/09

Leitsatz: Ein Steuerberater haftet, wenn er steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten übersieht, die für den Mandanten von erheblicher finanzieller Bedeutung sind. Insbesondere gilt dies, wenn durch das Unterlassen der Beratung zur Nutzung von steuerlichen Freibeträgen oder Steuervergünstigungen ein erheblicher Steuerschaden entsteht. Es wird von einem Steuerberater erwartet, dass er die steuerlichen Folgen und Chancen erkennt und entsprechend berät.

2. BGH, Urteil vom 13.01.2005 – IX ZR 141/01

Leitsatz: Verletzt ein Steuerberater die Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung von Steuererklärungen und entstehen dadurch Zins- oder Säumniszuschläge, kann er haftbar gemacht werden. Der Steuerberater ist dazu verpflichtet, Fristen zu überwachen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um steuerliche Nachteile für den Mandanten zu vermeiden.

3. BGH, Urteil vom 16.07.1998 – IX ZR 126/97

Leitsatz: Wenn ein Steuerberater eine unvollständige oder fehlerhafte Buchführung erstellt und dies zu falschen Steuererklärungen führt, haftet er für den dadurch entstandenen Schaden. Die fehlerhafte Buchführung fällt in den Verantwortungsbereich des Steuerberaters, sofern dieser die Buchführung für den Mandanten übernommen hat.

4. OLG Celle, Urteil vom 13.12.2017 – 3 U 40/17

Leitsatz: Ein Steuerberater haftet auch dann, wenn er einen Mandanten unzureichend über steuerliche Risiken informiert. Es besteht eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mandanten, insbesondere wenn bestimmte Handlungen oder unterlassene Handlungen zu steuerlichen Nachteilen führen könnten.

5. OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2019 – 24 U 73/18

Leitsatz: Ein Steuerberater verletzt seine Pflichten, wenn er einen Mandanten nicht auf die steuerlichen Folgen bestimmter Geschäfte hinweist. Dies gilt insbesondere, wenn steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten wie z. B. die Nutzung von Abschreibungen oder Verlustvorträgen nicht optimal ausgeschöpft werden.

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